Barbara Krohn
Per Bus durch die Zeit
Jugendbuch
978-3-934983-43-4
200 Seiten, Paperback
12,90
Leseprobe:
Wütend kickte Franz Frantz gegen einen leeren Colabecher. So ein Mist! Da hatte doch Madrid tatsächlich die Bayern geschlagen. Sein über alles geliebtes, unbesiegbares Bayern München! Franz drängelte sich durch die Menge Richtung Ausgang und schniefte in seinen rotweißen Bayern-München-Schal. Nächstes Mal, versuchte er sich zu trösten, da putzen wir sie vom Rasen weg! Und trotzdem ... drei Gegentore hatte Bayern kassiert, das hätte doch wirklich nicht sein müssen ...
Grummelnd verließ Franz das Stadion und bahnte sich einen Weg zu seinem Auto. Doch die nächste Überraschung ließ nicht lange auf sich warten: Franz drehte den Schlüssel um, der Motor gab ein Stottern von sich und dann - nichts mehr. Na super! Franz versuchte es noch dreimal, doch er ahnte schon, dass es nichts bringen würde. Schnaubend stieg er wieder aus dem Auto und hob die Motorhaube an.
»Du hast das Licht angelassen, Kollege!«, rief ihm ein Mann zu, der schräg gegenüber geparkt hatte.
Franz schielte auf seine Scheinwerfer und musste feststellen, dass der andere Fußballfan Recht hatte. Wie peinlich. Jetzt war auch noch die Batterie leer.
»Soll ich dir helfen?«, fragte der andere freundlich. »Ich hab ein Startkabel dabei, dann könnten wir meine Batterie anzapfen!«
Franz wollte das Angebot schon dankbar annehmen, doch als er sich umdrehte, bemerkte er, dass der andere ein Madrid-Trikot trug. Oh mein Gott! Beinahe hätte er die Hilfe eines Madrid-Fans angenommen! Die anderen Fans würden ihn aus dem Fanclub schmeißen, wenn sie erfuhren, dass er sogar mit ihm geredet hatte!
»Lass mal, ich komm schon klar«, antwortete er kühl und stolzierte davon. Nach nicht einmal drei Metern bereute er es bereits. Die nächste Bushaltestelle, wo war die nochmal? Franz sah sich suchend um, stolperte beim nächsten Schritt über einen größeren Stein und legte einen spektakulären Sturz hin. Verdammt!
Hoffentlich hatte der Madrid-Fan das nicht gesehen!
Franz wollte sich gerade wieder aufrichten, als ihm etwas Glitzerndes ins Auge stach. Neben dem Stein, der ihn zu Fall gebracht hatte, lag ein Schmuckstück im schmutzigen Großstadtsand. Sah aus wie ein Medaillon. Franz hob es auf, rieb es sauber und betrachtete es von allen Seiten. Es wirkte antik, nicht wie billiger Modeschmuck aus dem Laden von nebenan. Neugierig öffnete er das Medaillon und fand darin das Bild einer jungen Frau. Auf der Innenseite des Deckels war eine Jahreszahl eingraviert: die erste Ziffer war eine 1, die zweite war nicht genau zu erkennen, (vielleicht eine 2 oder eine 7, vielleicht eher eine 3?) und die letzten beiden Ziffern bildeten die Zahl 52. Darunter konnte Franz die Gravur eines Namens erkennen: Madeleine.
Franz starrte auf das Bild und mit einem Mal vergaß er alles um sich herum. Er vergaß, dass Bayern gegen Madrid verloren hatte, er vergaß, dass seine Autobatterie leer war und dass er eigentlich stinksauer war. Er wusste nur noch eins: Er musste diese Frau finden, und wenn er dafür sein Schweinsteiger-Trikot verkaufen musste.
Mit dem Medaillon in der Hand stürzte er zur Hauptstraße und wedelte mit den Armen, bis endlich ein quietschgelber Reisebus neben ihm hielt. Ein Mann um die Fünfzig quetschte seinen Kopf durchs Fenster. »Wo wollen Sie denn hin, junger Mann?«, fragte er.
Unter normalen Umständen wäre es Franz nie in den Sinn gekommen, in so einem Gefährt mitzufahren, doch dies waren keine normalen Umstände.
»Ich heiße Franz«, sagte er, »und ich muss Madeleine finden. « Er hielt das Medaillon hoch, sodass der Fahrer das Bild darin sehen konnte.
»Mit Vornamen oder mit Nachnamen Franz?«, fragte der Fahrer, während er die Beifahrertür entriegelte. »Beides«, antwortete Franz und stieg ein.